Patchworkfamilien – Wenn aus 1+1 viele werden

Patchworkfamilien: Paar und Kinder lachen gemeinsam

Patchworkfamilien – bei einer Scheidungsrate in Deutschland von nahezu 50 Prozent1 erwartet niemand, dass die geschiedenen Eheleute ein Leben lang alleine bleiben. Sind Kinder da, kann sich das Familienleben mit einem neuen Partner an der Seite stark verändern, aber auch eine unheimliche Bereicherung darstellen.

Patchworkfamilien haben im Alltag sicherlich mehr Herausforderungen zu meistern als die als klassisch empfundenen Vater-Mutter-Kind-Konstellationen. Ein neues Phänomen sind sie deshalb nicht.

Idee der „Kernfamilie“ ist nicht alt

Mit dem Siegeszug bürgerlicher Werte und Normen wurde das „Ernährermodell“ ab dem Ende des 19. Jahrhunderts zunehmend popularisiert. Der Ehemann sollte Alleinverdiener sein, während die Ehefrau in der Rollen der liebenden Mutter und Hausfrau aufgehen sollte. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren wirtschaftliche Rahmenbedingungen gegeben, die dieses Ideal für immer mehr Paare lebbar machten. Die sogenannte „Kernfamilie“ mit Mutter, Vater und Kindern schloss sich im Zuge dessen zunehmend gegen andere ab.

Doch durch alle Zeiten und Gesellschaften hindurch lebten Menschen mit nicht blutsverwandten Menschen in engen häuslichen Gemeinschaften zusammen. Die Rollen der einzelnen Mitglieder waren und sind flexibel.

Heute wollen wir das hohe Ideal der Liebesbeziehungen leben2. Dementsprechend entstehen immer mehr Patchworkfamilien, in denen Geschiedene mit Kindern einen neuen Partner haben, der womöglich auch eigene Kinder hat.

Herausforderungen von Patchworkfamilien

Die Anzahl der Patchworkfamilien steigt mittlerweile stetig an. Sicherlich haben Sie selbst in Ihrem Umfeld beobachten können, dass die sogenannten „Stiefvaterfamilien“ hierbei den größten Teil ausmachen. Das liegt daran, dass es größtenteils immer noch Frauen sind, die nach einer Trennung die Kinder versorgen.

Sicherlich ist es für alle Beteiligten zunächst eine große Herausforderung, mit den neuen Familienverhältnissen in Patchworkfamilien zurechtzukommen. Bekommt das Paar in der neuen Beziehung gemeinsame Kinder, müssen sich die älteren auf der Geschwisterebene mit ganz neuen Rollen auseinandersetzen. Auf einmal müssen vielleicht vorhandene Privilegien abgegeben werden oder die Kinder sehen sich mit neuen Verantwortlichkeiten als großer Bruder oder große Schwester konfrontiert.

Dies ist fast immer ein schwieriger Prozess für Kinder, egal ob sie leibliche oder Stief-Geschwister sind. In Stieffamilien erfordert dieser Prozess mehr Zeit. Studien belegen3, dass Patchworkfamilien circa fünf Jahre benötigen, damit sich alle Beteiligten mit dem neuen Familienzusammenhang identifizieren können. Eine lange Zeit, die viel Einfühlungsvermögen, gemeinsame Rituale und Geduld erfordert.

Was ist die Bereicherung von Patchworkfamilien?

Es gibt immer mehr Familienkonstellationen, in denen sich vielfältige Beziehungen zwischen Partnern, Ex-Partnern, vorhandenen und neuen Kindern des Paares, Großeltern, Tanten und Onkeln ergeben. Aus eigener Erfahrung wissen Sie sicherlich, wie anstrengend so manches große Familienfest oder Weihnachten zu managen ist. Unbestritten ist: Der Stresspegel kann in einer großen Patchworkfamilie noch stärker ausfallen.

In Patchworkfamilien prallen zunächst verschiedene Familienkonzepte aufeinander und erfordern viele Aushandlungsprozesse, um die passenden Kompromisse zu finden. Doch dies ist gleichzeitig der größte Gewinn für den Einzelnen: Durch den frühen Umgang mit vielen Personen unterschiedlicher Altersgruppen erlernen junge Menschen das, was heute mit dem Begriff soziale Kompetenz häufig umschrieben wird.

Die hohe Familiendynamik in Patchworkfamilien macht das Miteinander zuweilen turbulent und manchmal schwierig. Sollte sich jedoch ein großartiges Paar gefunden haben, das willens und fähig ist, diese Herausforderung zu meistern, gibt es für die Beteiligten nur Zugewinne auf emotionaler Ebene.

Wer hätte denn nicht gerne eine große Familie, in der immer etwas los ist und jederzeit jemand gefunden werden kann, der einem weiterhilft?

Quellen:

1Vgl. Tabelle des Statistischen Bundesamtes: http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Content/Statistiken/Zeitreihen/LangeReihen/Bevoelkerung/Content75/lrbev06a,templateId=renderPrint.psml, Stand: 01.08.2011.

2Vgl. Jakob, Bettina: Liebe und Ehe am Scheideweg ins neue Jahrtausend : ein sozialhistorischer Blick auf Liebe, Ehe, Trennung und Scheidung vom Hochmittelalter bis heute. Berlin 2001.

3Vgl. Papernow, Patricia L.: Becoming a stepfamily: Patterns of development in remarried families. New York 1993.

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